Teure Tickets. Tote Stimmung.

Teure Tickets. Tote Stimmung.

Ein Wochenende voller Hoffnungen, Frust und leerer Plätze.

Die deutsche Nationalmannschaft hatte sich für das vergangene Wochenende viel vorgenommen. Doch die Realität sah anders aus: erst eine blutleere Niederlage gegen die Slowakei, dann zwar ein Sieg gegen Nordirland, aber ohne Glanz. In beiden Spielen wirkte die Mannschaft, als würde sie mit angezogener Handbremse spielen – Leidenschaft, Wille und Feuer, all das, was man im Fußball eigentlich sehen möchte, war nur in Momenten erkennbar. Das ist kein Einzelfall, sondern mittlerweile fast ein Markenzeichen: viel Potenzial, aber selten dieses Gefühl, dass die Mannschaft den Funken auf die Ränge überspringen lässt.

Teure Tickets – leere Sitze

Noch deutlicher als die sportlichen Defizite fiel am Wochenende aber etwas anderes ins Auge: die gähnenden Lücken auf den Tribünen. Kein Wunder, wenn Tickets dreistellige Summen kosten, obwohl der Fußball in Deutschland immer auch für seine Volksnähe gestanden hat. Für viele Fans ist der Besuch eines Länderspiels längst kein selbstverständlicher Teil des Fußballlebens mehr, sondern eine teure Ausnahme – wenn überhaupt.

Das Ergebnis: Stadien, die zwar offiziell ausverkauft sind, aber trotzdem vor lauter leeren Sitzen wirken. Fußball, der für die breite Masse gedacht sein sollte, ist auf einmal zum Luxusprodukt verkommen.

 

Totenstimmung statt Fanfeuer

Und genau das führt zu dem bekannten Problem: Länderspiele wirken wie sterile Veranstaltungen. Keine Energie, keine Kurve, kein wirklicher Heimvorteil. Dabei ist Deutschland eines der Länder mit den aktivsten, lautesten und kreativsten Fanszenen weltweit. In den Bundesligastadien bebt jede Woche die Stimmung – kreative Choreos, Fahnen, Megaphone. Aber bei der Nationalmannschaft? Oft wirkt es wie ein Testspiel in der Provinz statt ein Fußballfest.

Beim Auswärtsspiel in der Slowakei waren zwar scheinbar noch einmal ein paar Old-School-Hools am Start – ein Relikt vergangener Tage. Doch auch das machte keinen großen Unterschied. Viel schwerer wiegt: Regelmäßige Ausreiseverbote für bestimmte Kategorien deutscher Fans sorgen dafür, dass vor Ort gerade diejenigen fehlen, die sonst für Fahnen, Gesänge und Präsenz im Ausland sorgen würden

 

Ein Blick in die Vergangenheit

Ein Paradebeispiel dafür, warum der DFB Ultras bei Länderspielen nicht wirklich haben will, war das Auswärtsspiel in Prag. Damals sorgten Pyroaktionen und eine aufgeheizte Stimmung für große Schlagzeilen. Seitdem verfolgt der Verband eine klare Linie: lieber kontrollierte Eventatmosphäre als unberechenbare Fanblöcke.

Wie andere es machen – Ungarn als Beispiel

Dass es auch anders laufen kann, zeigt ein Blick nach Ungarn. Dort rotten sich Ultras verschiedener Vereine bei Länderspielen zusammen und treten vereint unter einer gemeinsamen Fahne auf. Rivalitäten, die in der Liga den Alltag prägen, werden für die Nationalmannschaft beiseitegelegt. Das sorgt für echte Stimmung und einen klaren Heimvorteil.

In Deutschland ist ein solches Szenario heute kaum vorstellbar. Zu tief sitzen die Rivalitäten zwischen den Kurven, zu viel ist in der Vergangenheit passiert. Die Vorstellung, dass Ultras von Dortmund, Schalke, Frankfurt oder Dresden geschlossen unter einer Fahne für die Nationalmannschaft auftreten, wirkt fast schon wie ein Gedankenspiel – realistisch ist das nicht.


DFB und Ultras – eine Beziehung voller Ablehnung

Der Verband hält lieber Abstand zur Ultrakultur – aus Angst vor Kontrollverlust. Man setzt auf ein „familienfreundliches Eventpublikum“ und wundert sich, wenn die Stimmung ausbleibt. Dabei ist es genau diese Szene, die Stimmung macht. Wer Länderspiele zu Business-Events degradiert, darf sich nicht über Totenstimmung wundern.

Fazit: Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Die deutsche Nationalmannschaft kämpft nicht nur mit durchwachsenen Leistungen, sondern auch mit einem hausgemachten Stimmungsproblem. Die Fanszenen im Land sind da, sie sind stark, sie sind kreativ – aber sie werden nicht eingebunden.

Zu hohe Ticketpreise, restriktive Maßnahmen, historische Rivalitäten und ein DFB, der lieber auf Eventcharakter setzt, sorgen dafür, dass Stadien zwar offiziell voll wirken sollen, aber in Wahrheit leer bleiben.

Wenn der DFB die Länderspiele wieder zu Fußballfesten machen will, braucht es mehr als sportliche Siege: Es braucht ehrliche Nähe zu den Fans, faire Preise – und vor allem den Mut, die Ultras nicht als Problem zu sehen, sondern als einen Teil der Lösung.

Zurück zum Blog

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte beachte, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen.